Die Überlieferung erhält ihre Inspiration aus dem Prinzip selbst, daher ist sie nicht menschlicher Natur.
Sie gibt dem Menschen seine Würde wieder, indem sie ihn – eines der zahllosen Glieder der kosmischen Kette – in seinen universalen Urzustand zurückführt und auf harmonische Weise in den Lebenskontext wiedereingliedert.
Ihr kategorischer Imperativ lautet: Erkenne, dass du einheitliche Ganzheit bist!
Die Essenz der Lehre manifestiert sich in jedem östlichen und westlichen Erkenntniszweig der Überlieferung (wie zum Beispiel in dem Advaita Vedanta, der Kabbala, der Hermetik, der Alchemie, der Orphik, dem Platonismus und anderen). All diese Zweige sind Ausdruck der einen universalen Überlieferung, die – obgleich sie eine einzige ist – in Anpassung an die verschiedenen Umstände und raum-zeitlichen Bedingungen auf unterschiedliche Weise präsentiert wird.
Die Urüberlieferung ist nicht menschlicher Natur. Sie erhält ihre Inspiration aus dem Prinzip. Daher sollte sie nicht mit dem kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Traditionalismus der Nationen oder mit einem prähistorisch-triebbestimmten Zustand verwechselt werden.
Die Philosophie des Seins drückt sich in Begriffen der Synthese, Einheit und Lebensharmonie aus – grundlegende Werte jenseits der psychophysischen Struktur. Für sie ist das Individuum (und damit die ganze Menschheit) auf der Welt, damit es sich erkennt, versteht und ist. Ihr kategorischer Imperativ lautet: Erkenne dich selbst als einheitliche Ganzheit! So gelangst du aus deiner Bruchstückhaftigkeit und Unvollkommenheit.
Die Überlieferung zeigt dem rastlosen und konfliktgeladenen Individuum den Rückweg zur Einheit. Dabei ist sie nicht nur gelehrsam, sondern vor allen Dingen praktisch und lebensnah.
Raphael:»Wir sprechen von zu verwirklichender Philosophie, denn sie muss praktisch erfahren werden. ... Und diese praktische Erfahrung ist ein Prozess, in dem jene Wahrheit bewusst aufgenommen, verinnerlicht und bis zur vollständigen Identität assimiliert wird.«