Buchbesprechung von M. Schwarz
Januar 2007
Nach den Kommentaren zur Bhagavadgita und zu Shankaras und Gaudapadas Lehrschriften des Advaita Vedanta ist es diesmal ein ebenso bekannter klassischer Text, der Yogadarsana Patañjalis, der Raphaels Übersetzung und Kommentierung erfahren hat. Vielleicht sogar noch mehr als Shankara und Gaudapada ist dieser Text so gut wie jedem bekannt, der sich mit traditionellen Weisheitslehren beschäftigt hat, auch wenn er nicht auf Indien spezialisiert ist. Der »königliche Weg der Verwirklichung«, der Raja-Yoga, wurde von Patañjali in äußerst komprimierter Form dargelegt, und es kommt daher sehr auf den Lehrer an, der den Text durch seine Erörterung erst aufschließt.
Raphaels Absicht ist es, »eine begriffliche Methode (anzuwenden), die der westlichen forma mentis entspricht«. Dabei ist er aber, fügen wir hinzu, mit der östlichen forma mentis weit genug vertraut, so daß er anders als Orientalisten, denen üblicherweise die Übersetzung und Kommentierung dieser Schriften obliegt, nicht den ursprünglichen Geist verdeckt, sondern in einer bewunderungswürdigen Weise aufscheinen lässt. Raphaels Kommentare sind im allgemeinen leichter zu lesen als völlig in den indischen Formulierungen versunkene Versuche, wie sie oftmals Praktizierende der östlichen Techniken verfassen. Und sie sind schwieriger zu lesen als auf rein westliche wissenschaftliche Erkenntnis abzielen Werke, wie z.B. die Patañjali-Ausgabe von Eliade.