Rezensionen

Hier stellen wir den »persönlichen Bericht« einer Schwester vor, die ihre Erfahrungen beim Lesen der Bücher von Meister Raphael schildert

Raphael lesen – ein persönlicher Bericht

Im Vorwort von Shankaras Werk Atmabodha « Self-Knowledge, Übersetzung aus dem Sanskrit und Kommentar von Raphael (das bisher noch nicht auf Deutsch erschienen ist, aber auf Englisch über info@philosophiaperennis.org erhältlich ist) wird auf Seite 11 erläutert, gemäß welchen Kriterien Raphael schreibt:

Seine [=Raphaels] Erläuterungen von Shankaras Slokas basieren auf folgenden Kriterien:

Nach der Auffassung der Überlieferung ist nur die Lehre von Bedeutung, nicht das Individuum, das sie präsentiert. Aus diesem Grund fokussiert Raphael auf die effektive Übermittlung-Übertragung der Lehre, wobei er jeder Versuchung widersteht, persönliche Sichtweisen der Lehre auszudrücken. Er ist ein getreuer Übersetzer und seine Bemühungen konzentrieren sich darauf, die Lehre einprägsam und klar darzulegen.

In Raphaels Werk Orphism and the Initiatory Tradition (leider auch noch nicht auf Deutsch erschienen; auf Englisch über webmaster@advaita-vedanta.de erhältlich) findet man auf Seite 20 f:

»Der Autor hat noch nie für die Gebildeten oder Belesenen geschrieben oder gesprochen, für die Gelehrten oder die akademischen Profis (diese brauchen keine Anregungen, Hinweise oder Erläuterungen), sondern für jene wenigen, die, nachdem sie das Feuer in sich entzündet haben, wissen, wie sie es nähren müssen, damit es eine große Flamme wird aus Liebe zur Erkenntnis-Verwirklichung. ... Die ursprünglichen Lehren der Rishis oder eines Shankara, eines Orpheus, eines Hermes, eines Platon, eines Buddha und auch von Jesus haben durch das Auge des »profanen Spiritualisten« ihre Würde, ihre Autorität, ihren Ernst, ihre wahre Essenz verloren. Ihre Lehren werden vermarktet, degradiert, entartet und auf eine Weise interpretiert, dass das »empirische Ich« seinen Raum und sein Überleben finden kann.

»Den eigenen rauen Stein polieren" ist schwierig, vor allem heutzutage, weil es im Grunde einfacher ist, anderen die Aufgabe zu übertragen, dies zu tun.«

Weitere Hinweise zu Absicht und Ziel der Texte von Raphael und aber auch dazu, WIE sie zu lesen sind, findet man in Shankaras Werk Unterscheidung zwischen Selbst und Nicht-Selbst « Drigdrisyaviveka (Übersetzung aus dem Sanskrit und Kommentar von Raphael) im bibliographischen Anhang auf S. 92:

»Alleinige Absicht ... ist, denjenigen die Advaita-"Schau" zu bringen, die bereit sind, sich "zum Flug zu erheben". Diese brauchen kein Blendwerk, keine mengenmäßige, stilistische oder effekthaschende Gelehrsamkeit. Der aufmerksame Jünger benötigt lediglich eine "Schau" in die er sich versenken und worüber er meditieren kann. ... Die Vereinigung und die Identität mit Jenem geschehen nicht auf verstandesmäßiger Grundlage oder intellektueller Erkenntnis. ... Von einem Sutra muss man das Wesen erfassen, die Essenz, welche es zu betrachten und dann zu verkörpern gilt. Nachher kann man jenes Sutra ... oder jenen Text auf den Abfallhaufen werfen, weil sie im Grunde genommen nur eine Eselsbrücke waren und nichts anderes.«

Im Katalog des römischen Verlags Edizione Asram Vidya (erhältlich über webmaster@advaita-vedanta.de) findet man auf S. 49 bei der Erläuterung zu Raphaels Büchlein Jenseits der Illusion des Ich:

»Raphael hat das kleine Werk in Form von Sutras niedergeschrieben, um mehr das Bewusstsein des Lesers anzuregen als seinen Verstand. Ein Sutra ist wie das Aufleuchten eines Blitzes, der mit seinem Licht die Nebelschwaden der avidya oder metaphysischen Unwissenheit zerreisst.«

In dem Vorwort zu der englischsprachigen Sammlung der Shankara-Werke Laghuvakyavritti, Daksinamurtitotram und Sivo'ham Sivo'ham (von Raphael aus dem Sanskrit übersetzt und kommentiert, von Edizioni Asram Vidya 1986 in Rom herausgegeben und auch noch nicht auf Deutsch erschienen, aber auf Englisch über webmaster@advaita-vedanta.de erhältlich) heißt es:

»Da die überlieferte Metaphysik bzw. die Philosophie des Seins ihre eigenen Charakteristiken hat, die – wenn sie nicht berücksichtigt werden – Illusionen bzw. falsche Ideen verursachen können, ist es angemessen, sich dem Studium dieser Texte mit Gelassenheit und konstanter Aufmerksamkeit zu nähern, frei von irgendwelchen vorgefassten Vorstellungen.«

Last but not least finden sich auch Hinweise in dem unvergleichlichen Buch Der Dreifache Feuerweg (z.B. auf S. 214):

»Wahrscheinlich wünscht sich dein Verstand Begriffe, weitschweifige Dialektik und Argumentationskraft, um zu überzeugen und systematisch zu ordnen, aber all das fördert lediglich das Fortleben deines empirischen Ich. … Der "Feuerweg" wird nicht studiert, sondern durch den Blitz der Intuition, das Verständnis des Herzens und die Unmittelbarkeit des Bewusstseins erfasst."«