Meditationssamen – Archiv

Mai 2024

Die mentale Hülle

176. In dem weiten Wald der sinnlichen Vergnügen irrt ein großer Tiger umher, Verstand genannt. Wer wirklich nach Befreiung strebt, sollte sich gebührend fernhalten von ihm.

Raphael kommentiert: Der Begriff manas wird vor allem für jenen Teil des Verstandes verwendet, der auf die äußere Welt gerichtet ist. Der Verstand (manas) ist vielseitig und arbeitet auf vielerlei Weise. Man muss seine Dynamik kennenlernen, um viele Dinge der Vedanta-Metaphysik zu verstehen. Die Peripherie des Mentalen erhält Botschaften von den verschiedenen Sinnesorganen und gewinnt somit einen Eindruck, der seinerseits das psychische Verhalten bestimmt. ...

177. Der Verstand erzeugt für den Erfahrenden unaufhörlich sinnliche Objekte ohne Ende, sowohl grobstoffliche als auch feinstoffliche, wie auch die Unterschiede der Körper (sarira), der Gesellschaftsordnungen (varna), der Lebensstadien (asrama), der Eigenschaften (guna), der Aktivitäten, der Ursachen und der Wirkungen.

Raphael kommentiert: Grobstofflich sind die Objekte des Wachzustands, feinstofflich jene, die im Traum erscheinen. Das Bewusstsein leidet und freut sich an den einen wie den anderen. Daher kann man nicht festlegen, welche der beiden als real zu betrachten sind.

175. Wenn der Verstand rein wird, weil Unterscheidungsvermögen und Leidenschaftslosigkeit (vivekavairagya) vorherrschen, wendet er sich der Befreiung zu. So muss das intelligente Individuum, das die Befreiung sucht, zuallererst diese zwei [Tugenden] stärken.

Raphael kommentiert: Unterscheidung zwischen dem atman und dem Nicht-atman, zwischen dem atman und seinen einschränkenden Hüllen, zwischen dem Absoluten und dem Relativen, und die daran anschließende vollständige Absage an den Nicht-atman, an die Hüllen und an die projizierten Objekte: Sirenen, die gefangennehmen.

© Asram Vidya Mai 2024

Siehe Sankara, Vivekacudamani
Das große Juwel der Unterscheidung
Übersetzung aus dem Sanskrit und Kommentar von Raphael



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