Theoria
Wenn Philosophie die Schau oder Kontemplation (theoria) des Ganzen ist, dann kommt diese Schau nicht umhin, das Individuum und damit auch die Gesellschaft umzuformen.
Die theoria ist weder einfache Abstraktion noch rein logischer Ausdruck, sondern kathartisch; daher verlangt sie eine ethische Verhaltensweise. Platons Philosophie hat in der Tat ein klar umrissenes Ziel: Sie will das »gefallene Wesen« vom sinnlich Wahrnehmbaren zum Intelligiblen und von dort zum unendlichen Einen-Guten führen.
Platon schreibt diesbezüglich:
»Was sich mir also als richtig darstellt, ist dies: in der Welt des Intelligiblen zeigt sich zuletzt und schwer erkennbar die Idee des Guten; hat sie sich aber einmal gezeigt, so muss sich bei einiger Überlegung ergeben, dass sie für alle die Urheberin alles Rechten und Guten ist, indem sie im Sichtbaren das Licht und den Quell und Herrn desselben (die Sonne) erzeugt, in dem Intelligiblen aber selbst als Herrscherin waltend uns zu Wahrheit und Vernunft verhilft, so dass also diese Idee erkannt haben muss, wer einsichtig handeln will sei es in persönlichen oder in öffentlichen Angelegenheiten.« (Politeia VII 517 c)
Immer wieder unterstreicht Platon, dass die Erkenntnis der Idee die Auflösung der Ketten, die »Auffahrt« und das Sich-mit-ganzer-Person-Umwenden mit sich bringt. Die Erkenntnis muss also eine wahre »Umkehrung« bewirken. So gilt es, die Philosophie Platons und der Neuplatoniker als eine Philosophie zu betrachten, die praktisch zu verwirklichen ist. Denn nur so kann die Welt der »Schatten« verstanden und transzendiert werden, um sich dann im Reich der Konstanten zu verankern.
© Asram Vidya Juni 2005
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