Meditationssamen – Archiv

Januar 2012

Nicht-Begehren

Im Zustand des Nicht-Begehrens gibt es keine Fragen. Dieser Zustand ist Fülle und absoluter Friede, das Fließen des Lebens ohne ein in Widerspruch befindliches Ich, der Flug einer Schwalbe in vollkommener Reglosigkeit, die Schönheit einer Morgendämmerung, die dem Verstand die Stille schenkt, die Ruhe des Meeres ohne Wellengang.

Begehren ist Werden, und im Werden sind weder Stille, Liebe oder Aufmerksamkeit noch Hingabe, Versenkung oder die Enthüllung der Essenz.
Wenn ein Wunsch auftaucht, bist du nicht in Frieden mit dir selbst. Du bist mit anderen Worten nicht in dir selbst verankert. Was ist diese Rastlosigkeit, die sich nach etwas sehnt und begehrt?

Die Natur des Begehrens kennen heißt, den Ursprung des besitzergreifenden und getrennten Ich zu enthüllen. Das beinhaltet eine selten zu findende Achtsamkeit gegenüber dem Prozess der mentalen Veräußerlichung und gegenüber den Reaktionen auf die Dinge. Diese Achtsamkeit ist reines Beobachten.

Das Begehren transzendieren bedeutet, seine wahre Natur verstanden zu haben. Solange du dein ontologisches Ich, das wahre formlose Feuer, nicht wiedergefunden hast, wird dich das Begehren von einem Objekt-Ereignis zum anderen ziehen. Das Begehren beseitigen wollen, ist allerdings auch schon wieder ein Wunsch. Du kannst eine Täuschung nicht durch eine andere Täuschung beseitigen.

Erst wenn dein Bewusstsein in der Unwägbarkeit, im Zustand ohne einen vergegenständlichenden Inhalt verharrt, verliert das Begehren seine mit all der trügerischen Faszination fesselnde Kraft. Der Verstand wird rein und ruhig, sobald er seine Bewegung versteht, und dieses Verstehen beinhaltet Eingliederung.

© Asram Vidya Januar 2012

aus Raphael, Der dreifache Feuerweg



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