Rezensionen

Die Wissenschaft der Liebe

Buchbesprechung von Martin Schwarz - Wintersonnwende 2008

»Die folgenden Aufzeichnungen richten sich natürlich vor allem an jene Aspiranten und Schüler, die auf dem traditionalen Weg der 'philosophischen Liebe' sind. Deshalb gehen wir auch davon aus, dass unsere Leser bereits über einige Grundkenntnisse verfügen« (S. 9 f.), teilt uns Raphael gleich zu Beginn des schmalen Buches mit.

Tatsächlich bringt er aber zunächst selbst einige Grundlagen über polare Systeme (männlich/weiblich), die Dreiheitlichkeit des menschlichen Wesens (Körper/Seele/Geist), Polaritäten im menschlichen Organismus, insbesondere der Chakren (Energiezentren), alles in sehr nüchterner und distanzierter Weise. Danach und zunehmend damit verwoben, richtet Raphael unseren Blick auf die Liebe, die sich natürlich als das Streben nach Einigung der Polaritäten erweist. Streben nach Einheit auf ausschließlich geschöpflicher Ebene führt zur regelmäßigen Erschöpfung der Liebe. Nur die Liebe, die auch auf die Einheit des Individuums (Individualseele) mit seinem überindividuellen Ursprung (das Eine) hin orientiert wird, transzendiert den unvollständigen, am bloß Sinnlichen und primär Sexuellen haftenden Eros des Begehrens. Die umfassende Liebe macht dann nicht blind, sondern ist selbst das Verstehen – »Verstehen bedeutet (...) den anderen oder das andere zu integrieren, bis die Einheit verwirklicht ist.« (S. 36) Der Lehrmeister dieser Liebe, zu dem uns Raphael mit diesem Buch hinführt, ist zuallererst Platon.

In seinem Buch Initiation in die Philosophie Platons – Die Lehre der Nicht-Dualität durch Sankara und die westliche Philosophie Platons (Verlag Lüchow, Freiburg im Breisgau 2002) hat Raphael bereits einen Aufriß der Philosophie Platons gegeben, die ihm zufolge eine initiatische und sakrale ist. Er weist die Bedeutung der Einheit als das Gute für Platon und deren praktische initiatische Funktion in der »Konversion zum Sein« nach und korrigiert die falsche Auffassung von Platon als Dualisten. Auch die Wahrheit kann dem Individuum nicht von außen zukommen. Platon zeigt vielmehr auf, daß die Seele die Wahrheit schon besitzt. Dem »Aufstieg mittels der Dialektik zur Einweihung bzw. Initiation in die Philosophie"« stellte Raphael in diesem Buch bereits den »Aufstieg mithilfe des Eros zur Einweihung oder Initiation in die Liebe« zur Seite, dem sich das neu übersetzte Buch Die Wissenschaft der Liebe nun zur Gänze widmet.