Meditationssamen – Archiv

November 2012

Sadhana

Antonio: In den letzten Tagen quälte mich folgender Gedanke: Wenn der atman schon verwirklicht ist, wer oder was muss sich dann eigentlich verwirklichen? Was versteht man genau unter dem Begriff Verwirklichung?

Raphael: In der Tat kann Vollkommenheit nicht nach Vollkommenheit suchen. Genausowenig kann zum Beispiel das Sonnenfeuer nach Feuer suchen. Wie kann sich das, was bereits absolut ist, verwirklichen oder absolut werden?
All das, was wir tun können, ist zu versuchen, die falsche Vorstellung (avidya) zu beseitigen, wonach wir das Ich mit seinen vergänglichen und konfliktgeladenen Eigenschaften sind.

Antonio: Aber wie kann das Ich, das ein Unvollkommenes ist, die Vollkommenheit erkennen oder die Vollkommenheit sein?

Raphael: Das Ich mit seinen Ausdrucksformen ist nicht die Wirklichkeit, sondern einfach ein Widerschein aus Licht und Schatten: maya. Für die Nichtwirklichkeit ist es daher unmöglich, die Wirklichkeit zu erkennen oder sie zu sein. ...
Wir können sagen, dass sich die Wirklichkeit in dem Augenblick, in dem das Ich stirbt oder verschwindet, von selbst enthüllt – so wie sich die Erkenntnis von selbst enthüllt, wenn die Unwissenheit transzendiert ist.

© Asram Vidya November 2012

aus Raphael, Tat Tvam Asi



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