Meditationssamen – Archiv

Februar 2009

Prinzip der Mysterienlehre

Sokrates sagt in der Politeia: »... laß uns nunmehr erwägen, auf welche Weise man in den Besitz solcher Männer im Staate gelangen wird und wie man sie hinaufführen soll ans Licht, ähnlich dem, was man von einigen erzählt, sie seien aus dem Hades hinauf zu den Göttern gelangt?«

»... Das wäre denn, wie es scheint, nicht eine Umwendung so leichter Art wie die der Scherbenstücke im Scherbenspiel, sondern eine Umkehrung der Seele aus einer Art nächtlichen Tages zum wahren Tag, d. h. zu jenem Anstieg, der zum Sein führt und den wir für die wahre Philosophie erklären werden. ...«

»Was gäbe es also für eine Wissenschaft, die für die Seele eine Zugkraft hat von dem Werdenden zu dem Seienden?«

»... sagten wir nicht, unsere Philosophen müßten in ihren jungen Jahren sich tüchtig üben? … Denn ... wenn man ohne alle Mitwirkung der Sinne allein durch die Kunst der Dialektik vermittelst des reinen Denkens versucht, dem wahren Wesen eines jeden Dinges beizukommen, und nicht eher ruht, als bis man das Gute seinem eigentlichen Wesen nach durch den bloßen Intellekt erfaßt hat, so gelangt man damit an das eigentliche Ziel des Denkbaren ...«

Meister Raphael kommentiert: »Platon drückt hier ein grundlegendes Prinzip der Mysterienlehre aus, das schon Orpheus verkündet hat: dass das Intelligible ein Teil von uns ist. Er unterscheidet eindeutig und klar zwischen Immanenz und Transzendenz, Geist und Materie, zwischen dem sinnlich Wahrnehmbaren und dem Übersinnlichen, dem Relativen und dem Absoluten. Diese Dualität ist für ihn, die Mysterienlehre und für die initiatische Überlieferung allerdings nicht absolut.«

© Asram Vidya März 2009

aus Raphael, Initiation in die Philosophie Platons



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